FREDI BREUNIG

Fredis Glosse

Tabletten-Flohmarkt (Hochdeutsch)

10.01.2023

Ich wünsche euch ein gutes neues Jahr, mit viel Gesundheit! Dem alten Brauch entsprechend, müsstet ihr jetzt sagen: „Ja, das ist das Allerwichtigste.“ Stimmt natürlich. Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts. Und wenn die Gesundheit einmal nicht mehr da ist und man krank ist, wird es heutzutage immer schwieriger, wieder gesund zu werden. Ich sage nur: Arzneimittelknappheit. Hätte man doch nie für möglich gehalten! Es gibt zum Beispiel keinen Fiebersaft für Kinder mehr, und die Apotheken müssen den wichtigen Saft jetzt aus Tabletten selbst herstellen. „Gegen welche Krankheit habt ihr heute etwas da?“ Diese Frage wird man jetzt immer öfter hören. Schon bedenklich. Wie am dritten Advent im Fußball-WM-Finale Halbzeit war, war ich wegen zwei, drei Glühwein etwas eingedöst, bin bei den Nachrichten aber regelrecht aufgeschreckt, als ich gehört habe: „Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, fordert wegen der Engpässe Flohmärkte für Arzneimittel.“ Und habe mir sofort bildlich vorgestellt und ausgemalt, wie ich so etwas in der Praxis ablaufen würde. Es ist ein schöner warmer Frühlingstag und vor dem Angermüller auf dem großen Parkplatz sind jede Menge Tapeziertische aufgebaut. Man sieht aber nicht wie üblich altes Geraffel wie Uhren, Bierkrüge, Spielzeug, Schallplatten und so, sondern nur kleine, bunte Schachteln mit Tabletten. Mittendrin plärrt „Aspirin-Harry“ wie auf dem Hamburger Fischmarkt mit seiner heißeren Stimme: „Kommen Sie näher, kommen Sie ran, hier werden Sie genauso betrogen wie nebenan! Ich geb‘ dir fünf Aspirin, drei Packungen Ramipril, eine Flasche Wick-Medinait und zwei Schachteln Prostagutt-forte für sagenhafte 24 €. 24€ und dazu noch eine Packung Umckaloabo gratis obendrauf! Ihr wisst schon: Umckaloabo – unaussprechlich, aber ausgesprochen gut!“ Verrückt, oder? Und die Unterhaltungen: “Erwin, hast du dort hinten den Kerl mit seinem Granufink schon gesehen? Fast ausverkauft. Ich hab‘ noch etwas bekommen.“ „Echt? Glückwunsch, Hans. Ich hab‘ mir da vorne bei der Frau eine Flasche Bremsen-Öl und sechs Thomapyrin geholt.“ „Auch gut!“ Und: „Was willst du für deine Zäpfchen da? „Sechs Euro.“ „Sechs Euro? Dafür kannst du sie dir irgendwo hinstecken!“ Und dann war da noch der Mann, der eine kleine Tube Kijimea für seinen Reizdarm ergattert hat und seitdem weiß, warum man zu Flohmarkt auch „Trödel“ sagt ….. Servus, der Eustach.


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