FREDI BREUNIG

Fredis Glosse

Big brother is watching you! (Hochdeutsch)

27.04.2021
Viele Tabuzonen, von denen nichts nach außen dringt, wo keiner reinkommt und alles streng geheim bleibt, gibt es heutzutage ja wirklich nicht mehr. Aber zwei eben doch: unsere Schlafzimmer und die Umkleidekabinen von Fußballmannschaften. Das war es schon. Wobei ja selbst die Schlafzimmer wackeln. In sogenannten „Doku-Soaps“ wie „Bauer sucht Frau“ hat es nicht selten Szenen gegeben, wo die zwei, der Bauer und seine zukünftige Frau, im Schlafzimmer im Bett gelegen waren und gerade aufgewacht sind. Hat mich schon immer gewundert. Man muss sich das immer alles bildlich vorstellen. So eine Szene, wenn zwei im Bett liegen, tief schlafen und dann aufwachen, zu filmen, muss ja eine Riesenherausforderung sein. Du brauchst drei Leute: Kameramann, Tontechniker, Beleuchter. Vielleicht auch noch einen Kabelschlepper. Die müssen ihr Zeugs da rein schaffen, alles anschließen, einschalten und dann warten, bis die zwei im Bett endlich aufwachen. Quatsch! Ist natürlich nicht so. Alles ein abgekartetes Spiel! Der Bauer und seine Frau wissen Bescheid, alles ist besprochen und kurz vor der Aufnahme kriechen die zwei in ihr Nest und müssen dann in einer schauspielerischen Meisterleistung so tun, als ob sie gerade aufwachen. Falsche Welt, Doku-Soap halt. Aber wie gesagt, eigentlich tabu, unser aller Schlafzimmer. Sell‘ dir einmal vor, dass eine Kamera in bester Position, am besten an der Decke, gleich neben der Lampe, in deinem Schlafzimmer installiert ist und rein theoretisch die ganze Welt Tag und Nacht zusehen kann, was vor der Kameralinse zwei Meter weiter unten alles passiert. Unvorstellbar! Bei uns Menschen. Und was machen derzeit Hunderte von Leuten jeden Tag genüsslich im Internet? Schauen im Königshöfer Kurzentrum einem Storchenpaar von oben über eine Kamera Tag und Nacht in ihr Schlafzimmer. Und alles wird haarklein in Facebook dokumentiert: „Das erste Ei ist da!!!“ Mit Foto natürlich. „Und jetzt Ei Nr. 2!“ Begeisterung aller Orten. „Heute Nacht um 2:38 Uhr kam Ei Nr. 3!“ Wundert mich nur, weshalb noch keiner weiß, was die einzelnen Eier wiegen und wie der Umfang quer und längs ist. Ich finde das unmöglich! Lasst doch auch diesem Storchenpaar zumindest ein Mindestmaß an Privatsphäre! Wenn die mitbekommen, was wir mit ihnen machen, ziehen sie nächstes Jahr weiter. Vielleicht in die Haßberge. In der Hoffnung, dass es dort noch keine Kameras gibt.  Servus, der Eustach.

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