FREDI BREUNIG

Fredis Glosse

Willi, der Influencer (Hochdeutsch)

12.11.2019
Als 60-jähriger ist für mich die Zeit vorbei, in der ich Antenne Bayern, Radio Primaton oder Bayern 3 gehört habe. Heute geht es um Bayern 1, Deutschlandfunk und meistens B5 aktuell. Höre ich wirklich gerne. Außer die Rubrik „Kultur“ kurz vor halb (ist mir immer zu hochgestochen) oder die Börsennachrichten, zum Beispiel jeden früh kurz vor dreiviertel sieben. Ist immer alles so gestelzt. „Die Börse tendiert seitwärts.“ Ja Sauerei, redet halt Deutsch mit uns“ „Die Börse tendiert seitwärts“ heißt soviel wie „Fall, dass sich der Kurs eines Wertpapiers kaum verändert.“ Sensationell, diese Erklärung! Man muss die ganzen Sprüche schon immer richtig zu deuten wissen. „In der Industrie trübt sich die Stimmung ein, während bei den Handwerkern und auf dem Bau Hochstimmung herrscht.“ Klar, wahrscheinlich weil sie in der Werkstatt oder auf der Baustelle wieder ein Feierabendbier zu viel gesoffen haben. Sachen gibt’s! Neulich kam in B5 aktuell ein Maschinenethiker zu Wort. Musste ich auch erst nachschauen, was das ist. Das sind Leute, die aufpassen, dass all die modernen Maschinen und Roboter mit ihrer künstlichen Intelligenz nicht zu frech werden und die Moral einhalten. Weil ich das nicht gleich kapiert habe, saß ich im Auto und habe gehofft, dass das mit einem Beispiel erklärt wird. Wurde es dann auch. Einer dieser Ethiker hat erklärt: „Nehmen Sie zum Beispiel einen Saugroboter. Er fährt selbständig durch die Wohnung und saugt auf. Alles: Staub, Dreck, Gegenstände - und auch Tiere. Wir können ihm aber beibringen, Tiere zu erkennen und die eben nicht aufzusaugen. Und schon haben wir eine moralische Maschine.“ Faszinierend, oder? Können die Leute ihre Hamster und Meerschweinchen also trotz Saugroboter weiter frei durch die Wohnung spazieren lassen. Oft verstecken sich hinter den modernen Ausdrücken ganz einfache Erklärungen. Lange habe ich kürzlich überlegt, was ein „Influencer“ ist. „Eine Person, die aufgrund ihrer starken Präsenz und ihres hohen Ansehens in sozialen Netzwerken als Werbeträger und Meinungsmacher gilt.“ Gab es vor vielen Jahren bei uns auch schon! Das „soziale Netzwerk“ hat da noch „Wirtschaft“ geheißen und die Person, die durch ihre starke Präsenz (war jeden Tag am Stammtisch gehockt) und ihres großen Ansehens (der beste Schafkopfkarter weit und breit) hieß Willi. Ein Meinungsmacher erster Güte! Hat alles und vor allem alles besser gewusst. Gott hab ihn selig! Servus, der Eustach.

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