FREDI BREUNIG

Fredis Glosse

Güllefass und Osterkerze (Hochdeutsch)

25.04.2017
In welch‘ komischer, übergeschnappter Welt wird derzeit leben, ist schon faszinierend. Beispiele gefällig? 2. April, Sonntagabend, 20:15 Uhr, Tatort. Aus Münster. Jeder beschwert sich, dass die Welt immer gewalttätiger und brutaler wird und was machen fast 15 Millionen Deutsche an diesem Abend wie fast jeden Sonntag: schauen den Tatort. Wo zwangsläufig gemeuchelt wird. Vier Tage später endlich einmal etwas Schönes: in Bad Neustadt ist der neue Steg über die Brend freigegeben worden. Ich mache mir seitdem einen Spaß, stelle mich mitten auf diese Brücke und halte Leute an, die zu schnell darüber laufen. „Langsam!“ sage ich dann. „Ein bisschen mehr Andacht beim Darüberlaufen bitte. Nicht so schnell! Immerhin hat hier jeder Meter über 20.000 € gekostet!“ Da schauen sie immer blöd. Dann am 11. April. In Amerika in einem Flugzeug von United Airlines: ein Fluggast hat ein Ticket, bezahlt, sitzt schon drin, muss aber wieder raus, da die Maschine überbucht ist. Er will es nicht, also wird er mit Gewalt hinausgezerrt und dabei verletzt. Der Chef von United Airlines entschuldigt sich später und lässt den Brüller des Monats los: „Ich glaube, dass es bei uns hier einen Systemfehler gab. Unsere Fluglinie hat für unsere Führungskräfte kein Verfahren etabliert, das diesen ermöglicht, ihren gesunden Menschenverstand zu benutzen.“ Ja, schlimm, denn gerade der wäre so eminent wichtig gewesen. Oft sind Probleme also hausgemacht und wären leicht zu vermeiden, nicht selten haben Leute aber einfach Pech und man hat Mitleid. So wie vor gut zwei Wochen, als ein Vater mit seiner Tochter bei schönstem Wetter einen Ausflug mit einem schicken Cabrio gemacht hat. In einer Kurve ist ein Traktor mit einem Güllefass entgegen gekommen, bei dem der Deckel nicht richtig geschlossen war. Zack! Ein tüchtiger „Spruutz“ mit Schwung in das Auto hinein. Totalschaden! Es war halt nun einmal ein Cabrio. Pech auch in der Osternacht in Würzburg, als vom Dom die feierliche Osternacht live vom Bayerischen Fernsehen übertragen wurde. Ein Mann sollte mit einem großen Docht vom Osterfeuer die neue Osterkerze entzünden und hat das nicht hinbekommen. Live im Fernsehen, der Wind ist gegangen, er hat sich auch etwas blöd angestellt, aber trotzdem: das sind die Momente, wo du daheim in deinem Fernsehsessel vor Mitleid am liebsten versinken möchtest. Bunte, schillernde, verrückte Welt! April halt. Servus, der Eustach.

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