FREDI BREUNIG

Fredis Glosse

Ranzewärrdich (Hochdeutsch)

16.02.2016
Was war die Welt früher doch einfach. Ich habe mir das vor ein, zwei Wochen gedacht, als ich in der Zeitung die Berichte über die neuesten Auflagen bei den Faschingszügen gelesen habe. Da brauchst du ja fast ein Studium! Früher hat jeder seinen Wagen gebaut, angemalt, geschmückt, einen Kasten Bier darauf gestellt und los ist es gegangen. Kein Schwein hat an Dezibel, Plastikbecher, Begleitpersonen, Security, Rucksackkontrolle oder weiß der Teufel was noch alles gedacht. Ein Wunder, dass wir das damals überlebt haben. Womit den rührigen Faschingsvereinen um Gottes Willen kein Vorwurf gemacht werden soll, die jungen Leute sind schon selbst schuld an dieser Entwicklung. Die Welt soll immer einfacher werden (Bürokratieabbau!), wird aber immer komplizierter. Was früher ein Schnupfen oder noch früher ein Katarrh war, ist heute ein „grippaler Infekt“. Wenn du früher schlicht Ranzewerrdich hattest, redet man heute hochtrabend von einer „Laktose Intoleranz“. Schädelweh oder Kopfweh ist heute nicht selten eine Glutenunverträglichkeit und wenn man früher gesagt hat, dass die Oma und der Opa ab und zu etwas durcheinander sind, haben die alten Leute heutzutage „Demenz“ oder „Alzheimer“. Ich will das nicht verharmlosen oder lächerlich machen, aber wir wissen heute halt nun einmal deutlich mehr als früher und das hat Folgen. Die „Lebensmittelinformationsverordnung“ zum Beispiel. Nach der müssen seit gut einem Jahr auch bei allen offen verkauften Lebensmitteln wie Fleisch, Nüssen, Gebäck, Bratwürsten am Sportplatz, praktisch bei allen nicht verpackten Lebensmitteln, die so genannten „Hauptallergene“ ausgewiesen werden. 14 Stück sind das (nicht erschrecken): Eier, Sesam, Soja, Milch, Sellerie, Gluten, Krebstiere, Fisch, Weichtiere, Senf, Erdnüsse, Lupinen, Schalenfrüchte und Schwefeldioxid/Sulfite. Gibt es sonst überhaupt noch etwas? Wie knallhart ist da doch die Tierwelt! Ich möchte nicht wissen, wie viele Katzen eine Laktose-Intoleranz haben - und trotzdem Milch in rauen Mengen saufen. Oder Pferde, die eine Glutenunverträglichkeit haben - und sich trotzdem jeden Tag auf ihren Hafer freuen. Und wie viel Rehe, Füchse oder Hasen hatten schon einen Bänderriss, ohne einen Gips zu bekommen oder eine kaputte Hüfte, ein kaputtes Knie, ohne in Werneck operiert worden zu sein. Ein Schmarrn, ich weiß. Aber kann man es nicht trotzdem etwas so sehen? Ich frage ja bloß. Servus, der Eustach.

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