Fredis Glosse
Regenmesser | 23.06.2015 |
Weil wir Franken bekanntlich allgemein nicht viel reden und als maulfaul gelten, ist es umso wichtiger, dass es Utensilien gibt, welche die Unterhaltung (neudeutsch "Kommunikation") fördern. Eine ganz wichtige und entscheidende Rolle spielt dabei in Franken der Regenmesser. Viele Nachbarn würden kaum miteinander sprechen, wenn sie nicht immer wieder einmal darüber reden könnten, wie viel es geregnet hat. Wenn es regnet. Der Teufel hat es heuer gesehen, oder? So langsam muss man Unterfranken als die Sahelzone Bayerns bezeichnen. Aber zurück zum Regenmesser. Die Leute reden nicht mehr miteinander, weil es kaum noch regnet. Böse Zungen behaupten, dass heuer oben am Kreuzberg schon mehr Weihwasser gebraucht worden ist, als es im ganzen Landkreis geregnet hat. Schlimm! In die Regenmesser werden schon Blumen gesetzt oder Vögel bauen ihre Nester hinein. Dabei ist der Regenmesser für das Selbstvertrauen der fränkischen Männer eminent wichtig. Der Franke kann es verdammt nicht ausstehen, wenn es in einen Regenmesser, der nur 10 m neben seinem steht, auch nur einen Millimeter mehr hineinregnet. Deshalb spielen sich nach Regenwetter immer dieselben Szenen ab. Der Gustav geht hinaus, schaut in seinen Regenmesser erst gar nicht hinein, sondern fragt gleich seinen Nachbarn, den Erwin, wie viel es geregnet hat. "10 mm!" sagte der Erwin stolz. Darauf der Gustav, natürlich gelogen: "Bei mir waren es 12!!!" Bautsch, das sitzt! Beleidigt geht der Erwin hinein zu seiner Frau und ärgert sich darüber, dass es beim Gustav wieder einmal mehr geregnet hat als bei ihm. Ergo: die Tatsache, dass es kaum noch regnet, trägt auch zum Frieden zwischen Nachbarn bei. Sei's drum. Es müsste unbedingt mehr regnen. Früher hat das ganze Dorf gelitten, heute interessiert es nur noch die Leute, die Feld oder Garten haben. Und so sitzt der alte Ambros jeden Tag vor seinem Radio und wartet jede Stunde auf den Wetterbericht. Und hört dann die jungen, nassforschen Moderatorinnen, aufgesetzt fröhlich und gut gelaunt flöten: „Ja, liebe Hörer. Das schöne Frühsommerwetter bleibt uns also erhalten und auch in den kommenden Tagen können wir die warme Sonne genießen!“ Und der Ambros brummt widerwärtig: "Die warme Sonne genießen?! Blöde Eul'! Keine Ahnung vo Ackerbau und Viehzucht!" Recht hat er, der Ambros. Servus, der Eustach. |
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