FREDI BREUNIG

Fredis Glosse

Intelektuelle Chefredakteure

03.06.2014
Jetzt habe ich doch wirklich gut eine Woche gebraucht, bis ich mich über die EU-Wahlen abgeregt habe. Was da wieder alles herausgekommen ist! Unglaublich! Nicht bloß, dass jetzt die Familien-, die Tierschutz- und weiß der Teufel was noch für eine Partei in's Parlament gekommen sind. Nein, noch schlimmer! 130 von 751 Abgeordneten sitzen zukünftig in Brüssel, die gegen das sind, für das sie jetzt arbeiten sollen. Stell' dir einmal vor, in einer Fußballmannschaft spielen zwei Spieler mit, die nur darauf aus sind, Eigentore zu schießen. Und der Hammer: ein gewisser Herr  Martin Sonneborn, früherer Chefredakteur der "Titanic", jetzt Satiriker, und Mitglied der Satirepartei "Die Partei" (was für ein phantasievoller Name), ist gewählt worden, will sein Mandat aber nach einem Monat schon wieder abgeben. "Ich werde mich vier Wochen lang auf meinen Rücktritt vorbereiten“, hat er zugegeben. Und weiter: „Wir werden versuchen, monatlich zurückzutreten, um 60 Parteimitglieder durch das EU-Parlament durchzuschleusen. Das heißt, dass jedes dieser Mitglieder einmal für 33.000 Euro im Monat sich Brüssel anzuschauen kann und dann zurücktritt und noch sechs Monate Übergangsgelder bezieht. Wir melken also die EU wie ein kleiner südeuropäischer Staat.“  Müsste da nicht umgehend ein Blitz vom Himmel fahren und irgendwo hineinschlagen? Und der Herr Abgeordnete setzt noch einen drauf: „Ich glaube nicht, dass wir die Verrücktesten sind im Europaparlament.“ Schlimm genug! Die Welt wird doch wirklich immer blöder! Noch ein Beispiel gefällig? Da setzt sich am Wahlabend ein so genannter Intellektueller, also ein gescheiter, gebildeter Mensch in's Fernsehen bei Günther Jauch vor ein Millionen-publikum und sagt, dass er zweimal gewählt hat. Einmal als Italiener und einmal als Deutscher. Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der "Zeit", Deutsch-Italiener, zwei Pässe, macht etwas, was verboten ist (doppelt wählen), setzt sich in's Fernsehen und erzählt's! Geht's noch? Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft. Wahrscheinlich wegen Blödheit mit Vorsatz. Na ja, man muss als normal sterblicher Wähler und Mensch schon so einiges über sich ergehen lassen. Und unsere Politiker? Es gibt sicher solche und solche. Ganz falsch ist der folgende Satz aber sicher nicht:  "Wer denkt, dass Volksvertreter das Volk vertreten, der denkt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten." Servus, der Eustach.


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