FREDI BREUNIG

Fredis Glosse

Mit dem Milchauto zum Frühstück (Hochdeutsch)

17.08.2021
Wenn man mit seinem Auto durch die Gegend fährt und Langeweile hat, ist man froh, wenn man hinter einem Auto ist, auf dem etwas steht. Werbung oder irgendein mehr oder weniger lustiger Spruch. Auf LKWs zum Beispiel. Das ist nicht selten richtig gut! „An meiner Stelle könnten auch tausend Kühe vor Ihnen herlaufen!“, „Ich bin Ihnen zu langsam? Ich möchte Sie mal rennen sehen - mit 900 Kästen Bier auf dem Buckel!“, „Noch wachsen die Äpfel nicht im Supermarkt!“ oder „Sie mögen es nicht, dass ich vor Ihnen herfahre? Ohne LKW´s gäbe es nicht mal die Straße, auf der Sie gerade fahren!“ Da ist etwas dran! Auch auf kleinen, ganz normalen Autos sieht man zunehmend Werbung. „Fransenknüpferei Schmitt“ sah ich neulich, und habe gestaunt, dass es so etwas gibt. Ganz bekannt seit längerer Zeit auch die tüchtigen Leute, meistens Frauen, die mit den Autos der ambulanten Pflege von Caritas, Diakonie oder Pflegedienst XY unterwegs sind und die pflegebedürftigen Älteren in unseren Städten und Dörfern besuchen und versorgen. Diese Fahrzeuge übernehmen jetzt so langsam, aber sicher eine Aufgabe, die früher der Milchlaster hatte. Erkläre ich gleich. Die Milchlieferei hat ja eine lange Geschichte, die zweifellos auch eine soziale Komponente hat. Ganz früher hatte bei uns im Dorf jeder Milchbauer eine, zwei oder gar drei Milchkannen, die jeweils eine Nummer hatten und die mit dem Milchwägelchen zur Milchrampe gefahren wurden. Dann sind die Milchsammelstellen gekommen und die Milch konnte bis zur Abholung durch das Milchauto gekühlt werden. Und das Milchauto war, als wir jung waren, von der Moha und ist schon früh um 5 Uhr gekommen. Da war dann gerade eine Feier oder ein Tanz zu Ende, aber man wollte noch nicht heim. Also hat man den Milchlasterfahrer gefragt, ob man mit nach Bad Königshofen fahren kann. Dort ist man dann in eine Bäckerei, die schon frischen Kaffee und Heimchen hatte. Legendär! Tja, und weil es keine Milchautos mehr gibt, müssen den wertvollen sozialen Fahrdienst jetzt Caritas, Diakonie und Co. übernehmen. Dass es keine Milchsammelstellen mehr gibt, ist neben den Wirtschaften, die geschlossen sind und dem deutlich zurückgehenden Kirchgang der nächste wichtige „Kommunikationsknoten“, der in unseren Dörfern vor die Hunde gegangen ist. Ewig schade! Die Milchsammelstellen: „Bauerboind“ unserer Kindheit und Jugend! Servus, der Eustach.

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